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Schloss Runkelstein - Die Ausstellung

 

20/04/2000 - 29/10/2000

 

 

 

Ausstellungsraum 1

 

Der Name ”Runchenstayn” leitet sich vom lateinischen runcare (= roden) und dem mittelhochdeutschen stein für Fels, aber auch Fels-, Bergschloß ab. Gegründet wurde die Burg Runkelstein von den Brüdern Friedrich II. und Beral von Wangen mit der Erlaubnis des Trienter Fürstbischofs Alderich und seines Vogtes Graf Alberts III. von Tirol. Dieser Rechtsakt wurde durch eine Urkunde vom 10. Februar 1237 beglaubigt, deren Wortlaut in einer Pergamentkopie aus dem Jahre 1255 auf uns gekommen ist; in ihr wird den Herren von Wangen genehmigt, nach ihrem Belieben Bauten und Befestigungen auf dem ”Runchenstayn” anzulegen, wobei die Burg den Fürstbischöfen von Trient offenzustehen habe (ius aperturae). Das aus dem Vinschgau stammende Geschlecht der Edelfreien von Wangen kontrollierte in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts das südliche Sarntal und seine Einmündung in das Bozner Becken mit den Burgen Wangen-Bellermont, Ried und Rafenstein. Sie verfügten über weitere Rechte in der Stadt Trient (Turm der Wangener), im Südtiroler Unterland, im Meraner Becken, im Vinschgau, im Ober­engadin, im Puster- und Oberinntal. Nach dem Aussterben der älteren Grafen von Tirol († 1253) und dem Übergang des ”Landes an der Etsch und im Gebirge”, d.h. von Tirol, an den Görzer Grafen  gerieten die Wangener in Konfrontation mit den neuen Landesherren und deren Machtansprüchen im Bozner Becken. Die Auseinandersetzungen verschärften sich zur Zeit Meinhards II., als die Wangener als Parteigänger des Trienter Fürstbischofs in die Kämpfe um die Stadt Bozen einbezogen wurden. Anläßlich der Stadtbelagerung durch Meinhard II. im Jahre 1277 wurden die Burgen der Wangener erobert und teilweise zerstört. Runkelstein ging in den Besitz Meinhards II. von Tirol über, der die Burg dem Bozner Gottschalk Knoger zum Lehensbesitz verlieh. Dieser historische Zusammenhang wird in den ersten drei Vitrinen anhand von Realien verdeutlicht. Neben dem Gründungsakt von 1237 steht im Zentrum ein Gold-Augustalis Kaiser Friedrichs II. In ein weiteren Vitrine wird die bautechnische Seite des Gründungsvorganges anhand von zeitgenössischen Werkzeugen veranschaulicht.

 

 

Ausstellungsraum 2

 

Der Raum verdeutlicht drei Lebensbereiche des Adels im Mittelalter: die Jagd, das Turnier und den Alltag, die teils auch von den Fresken des Westpalas aufgegriffen werden. Den zweidimensionalen Bildern stehen hier reale Objekte gegenüber. Neben archäologischen Objekten zeigen Holztafeln aus Udine, die zur Ausschmückung eines Innenraumes eines städtischen Palazzo angefertigt wurden, wie die Fresken das idealisierte Leben des Adels aus einer künstlerischen Perspektive. Die Bären- und Gamsjagd, die Jagd mit Falken, das Ausweiden des Wildes sowie der Fischfang finden sich an den Wänden des Turniersaals wieder. Das Jagdrecht wurde im Verlauf des Mittelalters immer mehr zu einem Privileg des Adels und der bäuerlichen Gesellschaft entzogen. Die Jagd wurde damit, neben dem Turnier und der Minne, zum Inbegriff des höfischen Lebens. Das Turnier, im 12. und 13. Jahrhundert ursprünglich als Übung für den Ernstfall entstanden, gliedert sich in die unterschiedlichsten Turnierformen und – ausrüstungen. Auf Runkelstein begegnet uns das Lanzen- und Kolbenturnier auf den Fresken. Im Turniersaal reiten zwei Fraktionen von je sechs Rittern gegeneinander an und versuchen, sich mit ihren Lanzen aus dem Sattel zu heben. Beim Kolbenturnier im Saal der Liebespaare versuchen die Gegner, sich mit hölzernen Kolben zu besiegen und gefangenzunehmen. Als Spiel gedacht, endeten die Turniere oft blutig und mit Toten. Die unkontrollierte Gewalt, die bei diesen Spielen ausbrechen konnte, vermittelt eine Szene des Kolbenturniers, wo sich vier Spieler einer Partei auf einen einzelnen, hilflosen Gegner stürzen. Eine komplette Ausrüstung für das Kolbenturnier um 1400, die vom Mittelalterverein ”Gesellschaft des Elefanten” nach den Runkelsteiner Fresken im Originalmaß und -gewicht nachgebaut wurde, ist erstmals in dieser Ausstellung zu sehen. Der Alltag des Mittelalters wird anhand der Minne, der Musik, der Kleidung, des Zeitvertreibs durch Spiele, des Kochens und Essens veranschaulicht. 

 

 

Ausstellungsraum 3

 

Der Saal soll den merkantilen Ursprung der Vintler und ihren darauffolgenden Aufstieg erläutern. Schwerpunkt des ausgestellten Materials bleibt die außergewöhnliche Figur Niklaus Vintlers. Die aus einem alten und wohlhabenden Bürgergeschlecht stammenden Brüder Niklaus und Franz Vintler erwarben Runkelstein 1385 und ließen umfangreiche Umbaumaßnahmen auf der Burg durchführen. Sie veranlaßten unter anderem den Bau des Sommerhauses und ließen dieses sowie den Westpalas mit Fresken ausmalen. Diese stellen heute das größte erhaltene mittelalterliche Fresken-Programm mit profanen Wandmalereien dar. Mittels ihres Reichtums konnten die Vintler so ihr Selbstbewußtsein dem adeligen Ideal ihrer Zeit annähern, da ihnen der Adelsstand aufgrund ihrer Geburt verwehrt blieb.

Das hier ausgestellte Material veranschaulicht die Vielseitigkeit ihres kulturellen und politischen Wirkens. Niklaus Vintler war zu einem bedeutenden Vertrauensmann, Finanzier und vor allem Ratgeber des Tiroler Landesfürsten Leopold III. aufgestiegen und widmete sich daneben der literarischen Kunst. So wurde im Auftrag von Niklaus Vintler Heinrich von Münchens ”Weltchronik” von Heinz Sentlinger mit eigenständigen Erweiterungen auf Runkelstein kopiert; einige Jahre später gab auch Niklaus‘ Neffe Leopold eine erneute Bearbeitung des Werks Heinrich von Münchens bei Sentlinger in Auftrag. Dieser kulturelle Kontext soll hier durch diese sowie andere Handschriften dieser Zeit vermittelt werden.

Eine Sensation stellt die Rekonstruktion dieses Raumes dar. Bei den Restaurierungsarbeiten wurde festgestellt, daß sich Teile der alten Freskenmalerei an der Westwand und Nordwand dieses Raumes erhalten haben. Sie sind erstmals in dieser Ausstellung zu sehen. Zudem konnte die Wandmalerei der ehemaligen Ostwand aufgrund der Skizze ”Der Veilchenschwank” von Friedrich von Schmidt rekonstruiert werden. Dieses Fresko, heute zerstört, ist uns einzig in dieser Skizze überliefert, die hier vergrößert zu sehen ist.

 

 

Ausstellungsraum 4

 

Der Raum gibt die Geschichte der Burg in der frühen Neuzeit wieder. Diese Zeit wird eingeleitet durch das Exil des Trienter Fürstbischofs Hack im ”goldenen Käfig” von Runkelstein (1463-65). Sein Bischofsstab, ein Juwel der Goldschmiedekunst des 15. Jahrhunderts, ist hier bis zum 26. Juni (der Tag des hl. Virgilius) ausgestellt. Danach sind Freskenreste aus dem abgestürzten Erker des Tristan-Zykluses zu sehen. Die Inbesitznahme der Burg seitens der Tiroler Landesfürsten wird von Realien aus der Zeit Erzherzog Sigmunds des Münzreichen und Kaiser Maximilians I. veranschaulicht. Beide haben sich in verschiedener Weise um Runkelstein gekümmert. Sigmund kaufte die Burg in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts aus strategischen Gründen, um das Etschtal vor einem eventuellen Einfall der Venezianer zu sichern. Maximilian I. erhob Runkelstein zu einem seiner Jagdschlösser, wobei die Burg in die Obhut von landesfürstlichen Pflegern gegeben wurde. 1531 ging die Oberlehensherrschaft über die Burg auf Betreiben des Trienter Fürstbischofs Bernhard von Cles, einer der prominentesten Gestalten Europas zur Zeit Kaiser Karls V., an das Hochstift Trient zurück. Dieses belehnte 1538 die Grafen von Liechtenstein-Kastelkorn mit Runkelstein. Ab 1554 residierte hier sogar ein Zweig dieser Familie, die die Burg restaurieren und mit ihren Wappen ausschmücken ließ. Im selben Zeitraum setzte jedoch auch der Verfall Runkelsteins ein. 1672 verwüstete ein Brand den Ostpalas, der nicht wiederhergestellt wurde und den wir so aus den Ansichten des 19. Jahrhunderts kennen. Mit dem Lehensverzicht seitens des Grafen Franz Anton von  Liechtenstein-Kastelkorn, dem letzten Sprößling seiner Familie, ging das Schloß 1759 in die unmittelbare Verwaltung des Bistums Trient über, das es zum bloßen Gutshof herabsetzte.

 

 

Ausstellungsraum 5

 

In den beiden folgenden Räumen greift die Ausstellung über das Mittelalter und die frühe Neuzeit hinaus und schlägt einen Bogen ins 19. und 20. Jahrhundert. Runkelstein, seit der Zeit der Liechtensteiner dem allmählichen Verfall ausgesetzt, wurde in der Zeit der Romantik wiederentdeckt, allen voran von Josef Görres und dem Künstlerkreis  um Ludwig I. von Bayern, der Runkelstein in den Jahren 1833 und 1841 besuchte. Zahlreiche Zeichnungen, Gemälde, Dichtungen, Photographien und Postkarten zeugen vom Erwachen Runkelsteins aus einem zweihundertjährigen ”Dornröschenschlaf”. Die ”schöne Ruine” und die Überreste des ”Rittertums” wurden neu entdeckt und trugen mit zur romantischen Verklärung des Mittelalters bei. So feierten die Bozner am 19. und 20. April 1897 in mittelalterlichen Kostümen und Rollen ihre Burg in einem rauschenden Fest, das noch in alten Photographien  und einer zu diesem Anlaß gedruckten Festschrift bis in unsere Zeit nachklingt. Die alten Bilder und Zeichnungen helfen uns heute bei der Rekonstruktion der alten Burg, besonders der Nordwand des Sommerhauses, die nach der Sprengung eines Stücks des Runkelsteiner Porphyrfelsen zur Trassierung der Straße nach Sarntal 1868 abstürzte. So sind einige Fresken des Tristan-Zimmers und des Garels-Zimmers nur durch die Zeichnungen Ignaz Seelos der Nachwelt überliefert.

   

  

Ausstellungsraum 6

 

1881 kaufte Erzherzog Johann Salvator vom Trienter Fürstbischof die Burg und schenkte sie seinem Kaiser Franz Joseph. Dieser beauftragte den Wiener Oberbaurat Friedrich von Schmidt mit der Restaurierung der Burg. Die einsturzgefährdeten Außenmauern des Sommerhauses und des Osttraktes wurden abgerissen und zur Sicherung neue Mauern eingezogen; der Bergfried wurde vollkommen neu errichtet.

 

 

 Für uns sind die Pläne und Zeichnungen von Friedrich von Schmidt von unschätzbarem Wert, da sie uns erlauben, den ursprünglichen Zustand der Burg vor der Restaurierung zu rekonstruieren und seine Baumaßnahmen nachzuvollziehen; eine weitere Skizze von Schmidt zeigt das Fresko ”Der Veilchenschwank”, das einst in Raum 4 angebracht war. Die, vermutlich bei diesen Baumaßnahmen gefundenen, archäologischen Objekte werden hier erstmals ausgestellt. Einen besonderen Fund stellt das Bruchstück eines Kuttrolfs dar, einer Spirituosenflasche, deren Hals aus fünf Röhren gedreht, dem alkoholreichen Inhalt, beispielsweise Grappa, eine ausgeklügelte Versorgung mit Sauerstoff gewährleistete, die eine optimale Entfaltung des Aromas garantierte. Das ”Pasolini-Kino” zeigt Ausschnitte aus dem von Paolo Bonaldi und Francesca Nesler gedrehten Film ”Pier Paolo Pasolini – Un Giallo puramente intelletuale” (RAI–Bozen, 1999). Pasolini hatte 1970 eine zentrale Episode aus seinem Film ”Il Decameron” in Südtirol gefilmt, u.a. auch auf Runkelstein.

 

 

 

 

 

 

 

 

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